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Elias und die Oma aus dem Ei

Dem siebenjährigen Elias fehlen nicht nur Großeltern, die mit ihm verbotene Dinge tun – wie Steinschleudern basteln oder Karamellbonbons aus Zucker herstellen. Er wünscht sich auch, dass seine Eltern mehr Zeit für ihn hätten.

Eines Tages entdeckt er in einem geheimnisvollen Garten ein Ei. Weil er fürchtet, dass seine Eltern ihn zwingen könnten, es zurückzubringen, versteckt er es in seinem Zimmer. Doch anstelle eines Vogels schlüpft daraus eine alte Frau mit Flügeln – Elias hat eine Großmutter!

Plötzlich übernimmt er die Elternrolle: Er erzieht die kleine Oma, füttert sie, pflegt sie, wenn sie krank ist, und bringt ihr das Fliegen bei. Während seine Großmutter langsam flügge wird, verändert sich auch die Beziehung zwischen Elias und seinen Eltern. Diese märchenhafte Geschichte erzählt davon, wie aus Verlust neue Verbundenheit entstehen kann.

Verlag Sauerländer 2003, illustriert von Marion Goedelt

Abends war das Vögelchen immer noch nicht auf die Welt gekommen. Elias saß in seinem Zimmer und machte Ordnung in der Garage. Er hatte zweiundzwanzig Autos, aber in die Garage passten nur sechzehn. Er musste sich entscheiden, welche in den Karton kommen sollten und welche in der Garage bleiben durften. Am Ende hatte er die vier mit den meisten Beulen aussortiert, eines ohne Vorderräder und noch eines – ein rotes Feuerwehrauto, das er zwar am liebsten hatte, das aber für die Garage zu hoch war. Draußen goss es in Strömen. Der graue Himmelskoffer öffnete sich weit, es blitzte und donnerte, und auf die Erde fielen große, dicke Regentropfen. Sie peitschten gegen die Fensterscheiben und trommelten so laut auf die Dachrinne, dass Elias nicht einmal das Märchen aus seinem Toniebox hören konnte. Er machte es aus und betrachtete das Ei, das zwischen den Socken lag. Es leuchtete bereits ein wenig, und der Sprung zog sich nun über seine ganze Länge – von der Spitze bis zum rundlichen Bäuchlein. Elias dachte nach. Wenn das Ei in der Nacht aufplatzte und das Küken schlüpfte, würde es vor lauter Socken bestimmt ganz verrückt werden. Und es könnte zwischen ihnen eingeklemmt werden und vielleicht sogar ersticken! Das musste er verhindern. „Elias, Abendessen!“, rief die Mutter aus der Küche. „Was brauchen kleine Vögel?“, fragte Elias, als er dem Vater gegenüber Platz nahm und den ersten Knödel anschnitt. Aus dem Knödel fiel eine Pflaume. „Dass sie wachsen“, antwortete der Vater kurz und bündig. „Vor allem brauchen sie ein weiches Nest mit einem hohen Rand, damit sie nicht herausfallen“, sagte die Mutter. „Und weiter?“ „Sie müssen regelmäßig Essen kriegen.“ „Was für Essen?“, fragte Elias. Er häufte Quark und Zucker auf die Pflaume und steckte sie in den Mund. „Fliegen, Würmer, Käfer“, zählte die Mutter auf. Elias spuckte die Pflaume zurück auf den Teller, schnitt sie auf und betrachtete sie aufmerksam. „Was machst du?“, fragte der Vater und zog die Augenbrauen zusammen. „Ich suche Würmer“, erklärte Elias. Aber in der Pflaume waren keine. Enttäuscht steckte er sie zurück in den Mund. „Und was ist mit Körnern?“ „Vogelküken schlüpfen im Frühling, und da ist das Korn noch nicht reif“, sagte die Mutter. „Aber wenn die Menschen es ihnen geben würden, dann würden sie es doch essen, oder?“ „Und du iss auch. Damit es nicht kalt wird“, forderte die Mutter Elias auf und schob den Teller näher an ihn heran. „Warum sollten die Menschen das tun? Und wie auch? Kleine Vogelkinder werden doch von ihren Vogeleltern gefüttert.“ Mutters Antwort half Elias nicht viel weiter. Er schnitt den zweiten Knödel auf und schaute zu, wie Dampf von ihm aufstieg. Er überlegte, ob es aus dem gelben Ei auch rauchen würde, wenn es aufging. „Und was ist, wenn sie keine Eltern haben? Was wird aus den kleinen Vögeln dann?“, fragte er besorgt. „Dann werden aus ihnen keine großen Vögel“, antwortete der Vater. Das Gespräch machte Elias nicht glücklich. Es war klar, dass er auf die Geburt des Vogeljungen gar nicht vorbereitet war. Er beschloss zu warten, bis die Eltern ins Bett gegangen waren. Dann würde er mit dem Nestbau beginnen.

Das Buch wurde mit dem Preis 

der tschechischen Lehrer 2002 

ausgezeichnet und

in mehrere Sprachen 

übersetzt.

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